Roadtrip to Calvert Hills


08.04.2010 – Katherine

Nun geht es endlich los, weg aus Darwin raus ins „richtige“ Australien Richtung Cattle Station (Rinderfarm).
Doch wenn man weggeht, dann muss man sich verabschieden und das viel bedeutend schwerer, als ich dachte. Einige Backpacker und die Crew aus dem Hostel hat man auch in der kurzen Zeit lieb gewonnen, vielleicht trifft man manche auf der Reise wieder, andere nicht, denn sie fliegen bald nach Hause, tja und ob und wann ich Nico wiedersehe, auf der Reise, zu Hause, ganz wo anders auf der Welt, wann überhaupt…?!? Ich werde Darwin nicht vermissen und ich hab mich gefreut, es endlich zu verlassen, aber das Weggehen war schwieriger als gedacht.

Allerdings auch nur bis einige Kilometer hinter der Stadt. Wenn man auf dem Stuart Highway kurz hinter Darwin Richtung Alice Springs abbiegt sieht man noch die Schilder „Wrong Way, Go Back“ (Einbahnstraße/Highway-Fahrtrichtung). Doch wenn man dies hinter sich gelassen hat, ist es okay. Dann fährt und fährt man; und wenn die Beifahrerin mal schläft, denkt man nach und döst und düst den Highway runter, immer weiter.

Da wir erst noch einkaufen mussten, Telefonkarten laden etc.pp. sind wir nur bis Katherine gekommen, was aber okay war. Dort habe ich in einem kleinen süßen Laden, in dem es alles von Einrichtung bis Schmuck gab, noch ein paar Trekkingschuhe gekauft. Nebenan gab es hammergeile Cowboyboots, aber bevor ich hier nicht endlich mal ein paar Dollar verdient hab, will ich mir sowas nicht kaufen.
Kurz hinter Katherine befindet sich der Nitmiluk National Park, in dem wir auf dem National-Park-Campground übernachten wollten. Vor allem Theresia war begeistert, dass es da einen hübschen Pool gab. In dem wir dann auch gleich mal waren. Ich war begeisterter von den Wallabies.
Wir haben abends Kartoffeln gekocht, ein bisschen gequatscht und vor dem Schlafengehen hat uns unsere Nachbarin, eine ältere Australische Dame, die mit ihrem Mann mit dem Camper unterwegs war noch gefrorenes Wasser für die Nacht gebracht.

 

09.04.2010 – Daly Waters

Die Nacht in Nitmiluk-Park war bedeutend angenehmer als die in Litchfield. Zwar nicht von der Begleitung her, aber was die Moskitos und das Schlafen bei offenem Fenster (mit Moskitonetz) anging. Theresia ist überhaupt nicht fürs Campen gemacht. Sie fand die Nacht schrecklich, wünscht sich ihr klimatisiertes Zimmer zurück und hat heute den ganzen Tag Bauchkrämpfe. Ich hab gut geschlafen und das erste was ich heut Morgen gesehen hab, als ich aus dem Camper geschaut hab war ein Wallabie, das vorbeigehüpft ist. So hab ich mir das vorgestellt!

Leider konnte man im Katherine River wegen der Crocodile-season wieder nicht schwimmen, auch der Kanuverleih war geschlossen, Theresia ging’s sowieso nicht gut, also sind wir recht schnell weiter. Tanken, Rücklicht kaufen und Luft prüfen, dann ging’s weiter den Stuart Highway runter. Meistens geradeaus bis nach Daly Waters, zum berühmten Daly Waters Pub.

Wir haben nicht schlecht gestaunt, als wir gemerkt haben, dass Daly Waters ausschließlich aus dem berühmten Pub nebst dazugehörigem Campground und zwei Tanksäulen besteht. Theresia wollte am liebsten gleich weiter, worin ich nicht viel Sinn gesehen habe, da wir super in der Zeit liegen und erst bei Einbruch der Dunkelheit am nächstmöglichen Campground angekommen wären. Da wir schonmal am kultigen Daly Waters Pub waren, wollte ich auch hier bleiben. Also sind wir erstmal rein in den Pub, der vollgehangen ist mit Collectables aus aller Welt: Geldscheine, T-Shirts, Ausweise, Flaggen, BHs … alles! Auch der Garten ist liebevoll mit allem möglichen Mist dekoriert von FlipFlops bis Autokennzeichen. Und zu meinem Glück hat dieser olle Pub mitten im Outback einen gottverdammten Swimmingpool, der Theresa veranlasst hat, doch hier bleiben zu wollen. Also 20,-$ für eine Powered Site (Campingplatz mit Strom) bezahlt, Camper im Schatten geparkt, Stühle raus und hoch die Beine! Der Pool war auch noch angenehm kühl, auf jeden Fall kühler als das Schickimicki-Ding gestern in Nitmiluk. Ich bin froh, hier zu sein, es ist einfach kultig und wäre schade, wenn man das auf dem langweiligen Stuart Highway verpasst.

 

10.04.2010 – Cape Crawford

300km durch den Bush, meistens geradeaus, viele Kühe, 3 Schweine, 5 Autos, 2 Road Trains.

Cape Crawford besteht ebenfalls nur aus 2 Tanksäulen, 2 öffentlichen Kartentelefonen und dem Heartbreak Hotel Campground. Auf letzterem müssen wir nun bleiben, da uns Paul noch nicht zur Farm lotsen kann. Es ist genauso gruselig wie es klingt, ein runtergekommenes Roadhouse, ein paar Zimmer-Kabinen, ein weiterer Camper neben uns, 3 Klos, 2 Duschen, 4,50$ für ein Wassereis und 1,85$ für nen Liter Benzin.  An Handyempfang ist seit Katherine nicht mehr zudenken, geschweige denn Internet und diese beiden Dinge vermisse ich doch sehr zur Zeit. Ich würde meine Gedanken die paar wenigen Erlebnisse des Tages schon gern mit jemandem teilen und Theresia ist dafür leider nicht die richtige Person. Ich hoffe nur, dass wir morgen die Farm erreichen, das neue zu Hause okay ist und ich dort auf ein paar angenehme Leute treffe, die vielleicht nicht immer gleich 5 Oktaven höher zätschen, wenn sie „Hello, how are you“ sagen und wegen jedem Grashüpfer nen Schreikrampf bekommen.

 

11.04.2010 – Ankunft in Calvert Hills Station

Mehr als 200km auf einer unsealed road, die eigentlich nur für 4wd passierbar ist zu fahren (sofern man das „fahren“ nennen kann) ist ziemlich dumm und man fühlt sich dabei so unglaublich weit weg, als käme man niemals wieder zurück.
Diese Gedanken beherrschten die über 5stündige „Fahrt“ von der normalen Straße raus zur Farm. Ich hab mir unglaubliche Sorgen um meinen armen kleinen 2wd-Campervan gemacht, der dermaßen durchgeschüttelt und mit rotem Outback-Dust eingesaut wurde. Darüber hinaus wurde mir immer mehr bewusst, wie weit weg ich von allem bin. Spätestens als die Tanknadel den halben Tank überschritten hatte und mir klar wurde, hier komme ich aus eigener Kraft nicht mehr, ging es mir gar nicht mehr gut.

Zwar wurden wir am Anfang der unsealed road von Sheryl in Empfang genommen, die uns mit dem 4wd zur Farm lotsen sollte und dafür 9 Stunden an diesem Tag unterwegs war. Aber ein mulmiges Gefühl bestimmte den Tag und den Weg zur Farm während Theresia trällerte, sie hätte jetzt gern Schokolade, ob die Farm wohl einen Pool hätte und unsere Zimmer Air Condition.
50km vor der  Station mussten wir den armen Camper auch noch stehen lassen, da der Rest des Weges damit keinesfalls mehr für uns passierbar gewesen wäre.
Im Auto mit Sheryl wurde die Vorfreude kurzzeitig wieder größer, als sie vom Mustering (Kühe eintreiben, begutachten und sortieren) erzählte, das uns auf der Farm bald erwarten würde.
Allerdings war die Ankunft mehr als ernüchternd. Die Ranch ist ziemlich runtergekommen. Unsere Zimmer dreckig und keinesfalls für unsere Ankunft vorbereitet. Das Bad konnte man kaum als solches bezeichnen (im Waschbecken Moos, die Dusche nur ein Duschkopf und ein Abflussloch im Boden, im Klo ein Frosch). Die Küche verspinnwebt und nicht sehr sauber.

Einzig die Leute waren nett und es gab gutes Essen. Paul hat gekocht und Ally (Hubschrauberpilot-Praktikantin aus Wales) brachte uns ein Bier, als wir unsere Zimmer bezogen hatten und ein wenig verzweifelt auf unserem Bett saßen (nicht dass ich einen Schluck getrunken hätte, aber es war lieb von ihr).

Calvert Hills Station


Mein Arbeitsplatz am 14.4.
Mein Arbeitsplatz am 14.4.

14.04.2010 – Calvert Hills Station, Tag 3

Nach dem schlechten Start in Calvert geht es mir mittlerweile richtig gut hier.
Anbei ein Bild von meinem Arbeitsplatz am heutigen Nachmittag, mehr brauche ich wohl nicht zu sagen.

Aber von Anfang an.
Die Dinge hinnehmen, die man nicht ändern kann und die Dinge ändern, die man die Kraft hat zu ändern, das warm mein Motto für den ersten Tag.  Also ließ ich mich zum Küchendienst einteilen und habe erstmal geputzt, was das Zeug hielt. Hier hat die letzten Monate keiner mehr gewohnt, da die Mustering-Season erst losgeht und wir die ersten Backpacker waren, die angekommen sind. Küche geputzt und das „Bad“ hergerichtet, sprich geschrubbt und versucht die Frösche mit Domestos und Harpic Max zu vertreiben. Als alles sauber war und vor dem Haus Pferde, Kühe und Kängurus rumsprangen sah die Calvert Hills Welt schon besser aus.

Allerdings nicht für Theresia, die nicht in die Küche, sondern raus wollte und dort nicht mit der Hitze und den Mücken klargekommen ist. Sie hatte Heimweh, Kopfschmerzen etc. und  ist heute wieder abgereist.

Mich hingegen will Paul eigentlich nicht in der Küche haben, da ich im Bush besser aufgehoben bin und mich nicht schlecht im „fencing“, also Zähne reparieren, mache. Es ist auch toll, mit den Händen zu arbeiten und nach einigen Stunden zu sehen, was man aufgebaut hat. Das größte Glück ist aber, dass ich bisher meistens mit dem Hubschrauber zum Fencing geflogen bin. Ich komme mir nicht mehr abgeschnitten von allem vor, wenn ich das weite Land von oben sehe und die Eindrücke sind einfach unvergleichbar. Das Land ist nach der Regenzeit  grün, die Flüsse und Bäche hoch. Neben Kängurus habe ich Wildpferde, Kakaduschwärme und Dingos aus der Luft sehen können und wir sind nach dem Fencing  zu einem Wasserfall zum Baden geflogen, der einfach unglaublich schön war und wo kein Mensch so einfach hinkommt.

 

24.04.2010 – Woche 2 in Calvert Hills

Nun bin ich schon fast 2 Wochen hier und es stört mich nicht mehr, weit weit weg zu sein (seit 600km kein Handyempfang mehr; ca. 350km bis zur nächsten, mickrigen Ortschaft, davon über die Hälfte auf einer nicht asphaltierten Straße, die mit meinem Campervan nicht zu bewältigen ist), im Gegenteil.  Das Gefühl, vor dem Schlafengehen noch irgendjemandem eine sms schreiben zu müssen ist weg und ich vermisse weder Facebook noch myspace.

Nach den ersten Tagen Hubschrauber-Fencing habe ich am Montag mein „eigenes“ Bike bekommen, einen 4wheeler, wir würden es zu Hause Quad nennen. Es gibt 2 auf der Station, eins fährt Paul’s Schwiegertochter in spe, das andere ich. Waren die ganze Woche mit den Dingern im Gelände. Die ersten Tage waren noch viele Zäune zu reparieren, während wir die letzten Tage nur noch kontrollieren brauchten, sprich viel fahren, bzw. offroad durchs Gelände heizen, holpern, driften... über Stock und Stein, Matsch und Pampe, durch Bäche und Wasserläufe. Nun weiß ich, warum die Jungs Geländewagen so toll finden und fürchte, dass ich auch bald süchtig werde.
Wir wollten heute meinen Campervan holen, war ich schon richtig traurig, dass es kein 4x4 ist und ich damit nicht durch die Bäche gekommen wäre (hätten ihn ziehen müssen). Leider ist er auch nicht angesprungen und so haben wir die Batterie zum laden mitgenommen und müssen irgendwann nochmal fahren. Vielleicht sind bis dahin auch die Flüsse noch etwas flacher und einige Rinnen in der Straße ausgebessert. „That’s life“ meinte Paul dazu nur und wir hatten eine lustige Rückfahrt.

Die Arbeit ist aber bei allem Spaß am Quadfahren auch anstrengend und ich falle schon früh am Abend todmüde ins Bett. Ist auch gut so, denn um 5 klingelt der Wecker, damit wir bei Tagesanbruch losfahren können. Aber jetzt ist erstmal Wochenende, habe geschlafen bis die Sonne in mein Zimmer geschienen und mich wachgekitzelt hat und nun heißt es gemütlich sein, paddeln, fischen, lesen…

 

01.05.2010 – Woche 3 in Calvert Hills

Noch eine Woche rum in Calvert Hills, ich hab sie wieder im Sattel des 4wheelers verbracht.

Eine kleine Anekdote gibt’s eigentlich nur von gestern zu berichten. Alles ging gut los, war als lonely Ranger alleine unterwegs. Quad auf den Pickup geladen und ab die Post. Aber dann:

  1. Pickup nicht mehr in 2wheel-drive schalten können (blöder alter Toyota)
  2. Bike springt nicht mehr an … irgendwann glücklicherweise doch
  3. Pickup springt nicht mehr an (scheiß alter Toyota), also ab jetzt alles mit dem Quad abfahren
  4. Akku vom Walkie-Talkie gegen Mittag leer (nicht dass irgendjemand in Empfang-Reichweite gewesen wäre)
  5. Sonnencreme in der Tasche ausgelaufen;  MP3-Player und Mittagessen verpampt
  6. falschen Zaun kontrolliert, also 10km zurück zum richtigen Zaun
  7. jetzt aber schnell durchbrettern am richtigen Zaun; aber: Termitenhügel überall im Weg und unterm Gras, *rums*bums*Stephanietottertvorsichhin*

Nach der rumpeligen Termitenhügel-Strecke bin ich schön gemütlich die Straße zurück bis zum Fluss, den ich mit dem Quad nicht überqueren konnte . Dank meiner Zeitverzögerung durch den falschen Zaun musste ich auch gar nicht mehr lange warten, bis mich jemand suchen und abholen kam. Die anderen waren besorgter als ich und sind schon mit Auto und Hubschrauber ausgeschwärmt, mich zu suchen.  Am Ende gab’s nen wohlverdienten Freitagabendwein und ne kleine „Frauenparty“ mit Cheryl und Aly.

 

08.05.2010 – Woche 4 in Calvert Hills

Habt Ihr schonmal bei rosarotem Sonnenuntergang in einer Badewanne im Bach gesessen? Ich schon! Das gehört zu den kleinen mehr oder weniger alltäglichen Dingen hier auf der Station, meist am Wochenende.

 

An sonsten kehrt hier langsam  eine Art Alltag ein, aber ein Alltag, der daraus besteht: jeden Tag im Bush, unterwegs mit dem Quad oder Allradautos, steckenbleiben im Matsch, Zäune reparieren, Kängurus aber auch Redback-Spiders sehen etc. pp.

 

Cowgirl bei der Arbeit
Cowgirl bei der Arbeit

16.05.2010 – Woche 5 in Calvert Hills

Montag hab ich im knietiefen Schlamm gewühlt, weil Lisa mit ihrem Quad darin steckengeblieben ist.

 

Dienstag mussten wir einen eeewig langen Zaun machen, neben dem der Weg sehr steinig und nervig zu fahren war, aber das Ende war am Fluss und unglaublich schön. Dort hatte ich dann auch genau 700km auf meinem Tacho, die ich hier mit dem Quadbike gefahren bin (mittlerweile sind es fast 1000).

 

Mittwoch hab ich mal wieder meine üblichen Zäune gecheckt.

 

Und Donnerstag ging’s dann endlich los mit dem richtigen Cowgirlleben. Wir haben die ersten 2000 Rinder zur Station getrieben. Der Helicopter hat sie getrieben und wir sind mit den Quads und zwei Hunden hinterhergefahren und haben sie zusammengehalten; Rock’n’Roll Baby! Zwar waren wir meist in einer riesigen Staubwolke, aber das war mal eine Arbeit, die richtig Spaß gemacht hat.

 

Freitag begann dann die Arbeit in den Yards. Die ist ganz schön gewöhnungsbedürftig, da die Kühe dort richtig gestresst werden. Nur gut, dass sie den Rest des Jahres ein schönes Leben im Bush haben.
Ich stehe auf einer Plattform über den Toren und bediene diese, alle Kühe müssen unter mir durch, ich habe 4 Tore für 5 Gatter: 2 verschiedene Yards für die Kühe, Kälber, einjährige unmarkierte und junge Kühe. Die Kühe müssen durch die Desinfektion und ihnen werden teilweise die Hörner gestutzt, die Kälber werden markiert, gebrandet und kastriert.

 

Nun ist erstmal Wochenende und wir werden wieder einen kleinen Ausflug machen. Letzten Sonntag waren wir nochmal an den Rockpools, wo ich schonmal mit dem Helicopter war. Man liegt im kühlen Wasser in einem Pool und schaut über den Rand einige Meter runter in den Fluss. Heute soll‘s auf ein paar Felsen im Big Valley gehen.

 

22.05.2010 – Woche 6 in Calvert Hills

Nach einer Woche im Cattle-Yard, war ich froh, gestern zum Freitag mal wieder meine übliche Runde Zäune-Check zu fahren, ca. 50km Zäune mit dem Quadbike abfahren und schauen, dass die dummen Kühe und die wilden Pferde sie nicht kaputtgemacht haben, falls doch, natürlich reparieren. Alleine im Bush, ohne Kühe anschreien zu müssen, war herrlich.
Die Arbeit im Cattleyard ist nicht besonders schön, die Kühe sind berechtigterweise nicht besonders gut drauf und entweder stur oder angriffslustig, so dass man sie anschreien und pieken muss, damit sie sich überhaupt nen Meter durch den Yard bewegen.  So wäre aber jeder drauf, der unfreiwillig gepierct, gebrandet, Hörner beschnitten und kastriert werden würde, die armen Viecher!

 

Gestern war aber auch mal so richtig was los hier. Nicht nur, dass das Post-Flugzeug jeden Freitag kommt (und ich eine Ansichtskarte aus dem Zittauer Gebirge bekommen habe), nein, gestern war auch noch der Truck hier, der uns mit allem von Lebensmitteln über Treibstoff, Autoteile und Baumaterial versorgt. Da die Calvert Road zur Zeit die einzige durchgängig befahrbare Straße in der Gegend ist, kam der Truck zu uns und alle (2) Nachbarn haben ihre Sachen bei uns abholen müssen. Also war großes Gewimmel  morgens auf dem Hof, viele Pickups, die Leute aus der 80km entfernten Miene usw.
Als ich zu meinen Zäunen gefahren bin, kam mir dann auch das erste mal in 5 Wochen ein Auto entgegen. Natürlich hält man dann auf nen Schwatz an und der freundliche Nachbar mit schlechten Zähnen fragt, ob man zum Fencing fährt und ob der Truck noch da ist und noch viele Leute auf der Station anzutreffen sind etc. pp.
Die Redbank Mine hat uns dann auch noch zum Barbecue für heute Abend eingeladen. Also werden wir nachher alle in die Miene fahren, grillen und dort übernachten, mal ein bisschen Abwechslung von der Calvert Hills Station, bevor  wir Montag die nächsten Rinder in den Cattle-Yard holen.

Die unromantische Wahrheit übers Cowboyleben

Wer denkt, dass wir hier wie in der Marlboro-Werbung oder in nem Clint-Eastwood-Film jeden Abend in sauberen Hemden mit schicken Hüten ums Lagerfeuer sitzen, Kaffee trinken und zwischendurch mal ne Rinderherde durch den Bush geleiten, der hat sich geirrt.

Unsere Klamotten sind in der Regel gegen 8 oder 9 Uhr das erste Mal durchgeschwitzt und dreckig und gen Abend komplett keimig, oder wie sie hier sagen würden: phucked. Unsere Hüte eignen sich gut, die Rinder damit abzulenken oder zu treiben und waren bei der Gelegenheit nicht nur einmal zwischen der Nase der einen und dem Ar*** der nächsten blöden Kuh im Yard.

Die Rinderherde besteht in der Regel aus 2000-3000 Tieren (jede Woche 1 Herde), die mit dem Helicopter getrieben und von Fahrzeugen geleitet werden. Normalerweise fahren die beiden Quads dabei hinter der Herde her, doch es kann auch schonmal vorkommen, dass man mit seinem kleinen Quad 3000 galoppierende Rinder hinter sich hat (offroad versteht sich) und durch den Funk bei voller Fahrt und Motoren- und Helicopterlärm irgendwas wahrnimmt, das klingt wie „block ‘em at next gate“ („halte sie am nächsten Tor auf“).

Sobald sie eingetrieben sind, beginnt die Arbeit im Yard. Jeder kann sich wohl vorstellen, dass ein Leben im Bush angenehmer ist, als zusammen mit 3000 Kollegen in nem engen, staubigen Gatter eingesperrt zu sein und von Backpackern gepiesackt und gejagt zu werden. So sind die Viecher dann auch schonmal drauf, wenn wir mit der Arbeit beginnen. Die Bullen schnaufen und scharren mit den Hufen. Die kleinen süßen Kälbchen sind keine Ausnahme und im Yard ebenfalls fürchterliche Biester und komplett stur. Wenn man ein paar mal nen Huf von nem Kalb abbekommen hat (so wie ich), mag man sich gar keinen ausgewachsenen Kuhtritt mehr vorstellen wollen (so wie die meisten Jungs im Backyard). Nachdem die Kühe, Kälber und Bullen fünfmal hin und her gejagt worden sind, geht’s richtig zur Sache. Das Branding, das man vielleicht noch aus dem ein oder anderen Western kennt, ist noch das harmloseste, was ihnen widerfährt. Hinzu kommen Markierungen in beiden Ohren (es werden schlüssellochförmige Stücken aus den Ohren geschnitten), Kastration und das Beschneiden der Hörner. Letzteres geschieht wahlweise mit einer Baumschere oder Kettensäge, egal wie, immer eine sehr blutige Angelegenheit. Aus einem Methorn werde ich mein Lebetag nicht mehr trinken. Waren sie vorher genervt, so sind einige danach richtig angepisst und versuchen es ihren Peinigern (berechtigterweise) heimzuzahlen, bevor sie wieder in die 500.000 Hektar große Freiheit dürfen. Manche allerdings nur vorübergehend, ehe sie als Hamburgerfleisch verkauft werden. Einige wenige fallen aber auch einfach tot um und sehen ihren schönen Bush nie wieder, sondern werden hinter einem Auto zum Müll gezogen.

Wenn wir dann also am Abend nach Hause kommen, Klamotten, Hüte und wir selbst mit allem möglichen Sch*** eingedreckt, die Nase und Lunge verstopft vom staubigen Kuhdreck, den wir den ganzen Tag einatmen, verschwitzt und körperlich am Ende, wenn nicht gar um einige blaue Flecke, Quetschungen oder Prellungen reicher, dann ist das einzige Lagerfeuer, an das man denkt, das unter der Wassertonne für die heiße Dusche und den Kaffee gibt’s am nächsten Morgen kurz nach 5 wieder. Aber wir sind ja hier auch nicht in Hollywood, sondern im Outback und das ist das wahre Leben und keine heile Werbewelt.

Kollege Büffel im Yard
Kollege Büffel im Yard

13.06.2010 in Calvert Hills


Es gibt auch einige Highlights im sonst doch manchmal recht eintönigen Cowboyalltag.

 

Vergangene Woche hatten wir einen Büffel im Yard. Wenn er gewollt hätte, wäre es ihm nicht schwer gefallen, den rumpeligen, mit Draht zusammengerödelten Calvert-Hills-Yard auseinanderzunehmen oder die Backpacker mit seinen beeindruckenden Hörnern aufzugabeln. Allerdings hat er nichts dergleichen auch nur annähernd in Erwägung gezogen. Während die Kühe panisch rumgerannt sind und die dummen Bullen versucht haben, über die Zäune zu springen oder die Backpacker zu zermahmlen, war unser Büffelchen einfach nur ganz gelassen. Hat die Runde durch verschiedene Gatter und den langen Gang zu meinen Toren mitgemacht, ganz gemütlich wie ein Yard-Tourist, der sich das alles mal ansehen wollte, weil ihm an seinem Bach zu langweilig war.
Manchmal kam er mir sogar traurig vor, weil keine Kuh und erst recht wir nichts mit ihm zu tun haben wollten und alle ihn gemieden haben.
Am Abend wurde er mit einigen Kühen wieder in die Freiheit entlassen. Es würde mich nicht wundern, wenn er beim nächsten Mob, der an seinem Bach vorbeigetrieben wird, wieder mitkommt.

Cattle-Mob im Little Valley
Cattle-Mob im Little Valley

Der Höhepunkt dieser Woche war es, die Herde heute durchs wunderschöne Little Vally zu treiben. Ich war allein mit meinem Bike hinter den Kühen, bin ihnen zeitweise nur gefolgt, zeitweise musste ich sie treiben. Die meiste Zeit hatte ich einen Kumpel neben mir, ein braunes Kalb, das kaum hinterher gekommen ist. Das letzte Stück nach Hause fand sich zum Glück noch eine Mitfahrgelegenheit auf ‘nem Pickup für den kleinen Kerl.

Calvert Hills II

weitere Bilder und News gibt  es auch auf Nico's Seite.

outback
outback

02.10.2010 – on the road again (back to Calvert Hills)

 

Nachdem der Bush einige Kilometer hinter Charters Towers aufhört, fahren wir einen ganzen Tag lang durch ödes Grasland. Die Sonne ist mittlerweile noch gnadenloser als vor ein paar Monaten. Während wir uns letzte Woche in den Regenwäldern an allen Variationen von frischem Grün erfreuen konnten, so herrscht nun ein schnödes Braun vor. Die Sonne hat das Gras verbrannt. Über hunderte Kilometer spendet kein Busch und kein Baum auch nur den geringsten Schatten. Durch die offenen Fenster bläst ein heißer Föhn durchs Auto. Die Kilometer und Stunden ziehen sich hin, man kann kaum noch im Auto sitzen, aber anhalten möchte man erst recht nicht, aus Angst ohne den warmen Windzug der herunter gerollten Scheiben sofort in der Sonne zu verglühen. Unser Wasser schmeckt wir Tee ohne Teebeutel und unser erfrischendes Zitronenwasser ist nur noch heiße Zitrone.

Der Abend bringt nur wenig Abkühlung, dafür aber nette Abwechslung. Gegen halb Acht erreichen wir das Burke & Wills Roadhouse, wo zum Samstag ausgelassene Stimmung herrscht und AC/DC aus der Jukebox schmettert.

Hell's Gate
Hell's Gate

03.10.2010 – back home away from home


Nun war es nicht mehr weit, bis zum Hells’s Gate Roadhouse (Tor zur Hölle Raststätte), das für uns alles andere als seinem Namen gerecht wird. Endlich ist die Landschaft wieder abwechslungsreicher, mit Bush und Felsformationen und wirkt vertraut, denn wir sind nur noch 130km vor Calvert Hills.

Cary landet, um mal Hallo zu sagen
Cary landet, um mal Hallo zu sagen

Wir haben gerade die Grenze zum Northern Territory passiert, da sieht Nico einen Hubschrauber und einen Funkspruch später landet „Pilot“ Cary, um uns Hallo zu sagen und kurz zu plauschen. „Never say goodbye to you, I’ll always keep rushing into you“ begrüßt er uns erfreut (Man braucht Euch niemals Auf Wiedersehen zu sagen, wir rennen immer wieder ineinander).


Am Big Calvert River, wir sind fast da, hören wir einen vermeintlichen Vogelruf, wissen aber beide sofort, das ist doch oll Bossman (Cheffe) Paul.  Wir legen erneut eine Vollbremsung hin und fahren runter zum Fluss. Paul und Cheryl kommen mit einem kleinen Boot und einer Esky voller kühler Getränke zu uns ans Ufer, begrüßen uns herzlich. „Welcome back home away from home“ meint Paul und findet damit mal wieder die besten Worte (Willkommen im zu Hause, weg vom zu Hause). Es gibt viel zu erzählen und so zieht sich dieses kleine Picknick am Big Calvert noch eine Weile hin, bis wir endlich auf der Station ankommen, ich mein gutes altes Quadbike streicheln kann (leider ist es tot, die Jungs haben es kaputtgespielt) und wir unser altes Zimmer wieder beziehen.


Es ist schön, wieder da zu sein, vieles ist vertraut, einiges hat sich verändert, meist zum Positiven. Es ist viel aufgeräumter und sauberer als bei meiner ersten Ankunft und wir haben einige neue Pferde im Garten.

09.10.2010 – bloody hot out here / **** heiß hier draußen

 

Die vergangene Woche habe ich größtenteils dasselbe gemacht, was wir die Wochen davor im „Urlaub“ gemacht haben, mit Allradfahrzeugen durchs Gelände rumpeln. Nur dass es jetzt wieder „Arbeit“ ist und bedeutend mehr Spaß macht, wenn man dabei nicht das eigene Fahrzeug quälen muss.

 

Nach der langen Fahrt durchs öde Gras-Outback ist das Calvert Hills Gelände wieder wunderschön mit seinen Hügeln, Felsen, Schluchten und abwechslungsreichem Bushland. Doch es ist sehr trocken geworden, die Temperaturen bewegen sich um die 37 Grad im Schatten. Büsche und Bäume sind noch grün, doch der Boden ist nun vertrocknet und braun, ganz anders als bei meiner ersten Ankunft hier.
Wie immer freitags, habe ich auch gestern wieder mein Lieblings-Gehege, Photo, mit dem Quadbike abgefahren. Beim letzten Mal, hatte ich dort das Bike im Schlamm versenkt. Wir mussten damals den Zaun durchschneiden, um es rauszuziehen. Nun konnte ich die Stelle trockenen Fußes reparieren. Keine Spur mehr von nassen Füßen, die wir im April und Mai beim reparieren den Zäune täglich hatten.

 

Meine Känguru-Statistik ist übrigens extrem in die Höhe geschnellt, seit ich hier bin. Dadurch dass kaum noch Gras da ist, sieht man die Kollegen überall

10.10.2010 – bloody Crocs / doofe Krokodile


Da ist es seit Tagen über 35Grad im Schatten und dann ist Wochenende und man sitzt an nem wunderschönen Wasserloch mit glitzerndem Wasser, kleinen Fischchen drin und Palmen drum herum, aber man geht da besser nicht rein!
Nach Einbruch der Dunkelheit sehen wir warum. Wir sitzen gemütlich am Lagerfeuer, grillen Steaks und leuchten spaßeshalber mal mit der Taschenlampe übers Wasser. Da beobachten sie uns, die fiesen roten Augen der Crocs. Während wir am Nachmittag noch mit dem Gedanken gespielt haben, morgen früh vielleicht doch ein erfrischendes Bad im Rockhole zu nehmen, beschließen wir nun, das lieber sein zu lassen.  Stattdessen wandern wir am nächsten Morgen mit Kameras bewaffnet eine Runde ums Rockhole herum und halten Ausschau nach ihnen. Doch wir sehen außer einer Spur im Sand nichts mehr von den fiesen Echsen, vielleicht auch besser so.

12.10.2010 – Luxus und Schlangen auf Calvert Hills


Am Dienstag musste ich an Theresia denken, meine Mitfahrerin nach Calvert Hills im April. Während ich meinen armen kleinen Totenkopf-Van über die damals noch unbegradigte Calvert Road gequält habe, schwatzte sie nur davon, ob es auf der Farm auch klimatisierte Zimmer und einen Pool gäbe. Als wir damals hier ankamen, stellten wir fest: lächerlich!
Nun erfrische ich mich im Pool und werde danach aufs Zimmer gehen und die Klimaanlage anstellen, damit es angenehm ist zur Nacht.

Nico mit der Python
Nico mit der Python

Etwas später falle ich in unserem schön kühlen Zimmer müde ins Bett. Dann klopft es und dann steht dein Freund mit ner Python in der Hand vor der Tür. Ich bin wieder hellwach „Ach Du S***!“ ist mein Kommentar, während ich die Kamera greife. Als ich die niedliche kleine Würgeschlange anfasse, stelle ich fest, dass sie gar nicht so ruhig und entspannt ist, wie die Schlangen, die man manchmal im Zoo oder Zirkus streicheln kann. Sie ist ganz schön angepisst und windet sich kräftig, bevor wir sie später hinter der Werkstatt wieder in die Freiheit entlassen.
Allerdings hat es ihr wohl trotzdem ganz gut bei uns gefallen. Als ich nachts verschlafen zur Toilette tapere, ist sie zurück und liegt auf dem Fußabstreicher vor unserer Treppe.  Wieder bin ich hellwach und finde das gar nicht witzig, denn ich muss verdammt noch mal pinkeln und weiß nun nicht, wie ich zum Klo kommen soll. Zum Glück entscheidet sich Fräulein Python jedoch, langsam von dannen zu schlängeln.

Lisa mit der Python am nächsten Abend
Lisa mit der Python am nächsten Abend

Am nächsten Abend kommt sie nach dem Abendessen unter der Waschmaschine hervorgekrochen. Nun haben wir die Nase voll davon, dass sie uns dauernd erschreckt. Diesmal kümmern sich die Damen darum. Lisa fängt sie und wir bringen sie mit dem Auto ein Stückchen weg von der Station, hinter nen Hügel. Nun kann sie dort die Kröten erschrecken oder so, aber nicht mehr uns.

17.10.2010 – Wochenende auf Calvert Hills


Samstagabend sind wir zum Sonnenuntergang mit nem Weinchen und Fotoapparaten  bewaffnet auf die Felsen hinterm Haus gekrochen. Einerseits, um es uns gemütlich zu machen, andererseits herrscht zwischen Nico und Paul ein Foto-Wettbewerb, für den es beeindruckende Sonnenuntergangsbilder zu machen galt. Es war ein wundervoller Sonnenuntergang und Paul hat in seinem Haus noch die passende Musik angemacht, wohlwissend, dass wir sie da hören.

 

Sonntag sind wir mal ein bisschen früher in die Spur gekommen und sind zur Blackfeller Spring gefahren und gewandert. Hier haben einst Aborigines unter Felsvorsprüngen gehaust, ihre Pfeilspitzen am Felsen geschärft,  eine Höhlenmalerei hinterlassen und einige Tote hier bestattet, deren Schädel und Gebeine man in ihrem Felsengrab noch sehen kann. Diese Stelle ist um so beeindruckender, als dass sie nichts mit all den Aborigine-Touristen-Spots zu tun hat. Nur etwas mehr als eine handvoll Weißer wissen um sie. Hatten wir gestern die passende Sonnenuntergangsmusik, so hatten wir auch hier wieder die passende Musik, als im Tal die Dingos heulten.